Shutdown by Hansjörg Anderegg

Shutdown by Hansjörg Anderegg

Autor:Hansjörg Anderegg [Anderegg, Hansjörg]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
Herausgeber: AAVAA Verlag UG, Berlin
veröffentlicht: 2012-08-10T04:00:00+00:00


Bunker Hill, Charlestown, Massachusetts

Jen schlug verwirrt die Augen auf.

»Wie bitte?«, fragte sie den Taxifahrer, doch der schien mit sich selbst gesprochen zu haben.

Sie musste kurz nach der Landung eingenickt sein. Die nächtliche Skyline von downtown Boston lag schon hinter ihnen. Boston, dachte sie mit müdem Lächeln, bevor ihr die Lider wieder zufielen. Bisher war sie nie über Kalifornien hinausgekommen, abgesehen von der Episode im Grenzland Nevadas. Reisen stand nicht oben auf ihrer kurzen Liste erstrebenswerter Tätigkeiten. Es stand auf keiner ihrer Listen, denn es bedeutete nichts als Mühsal, die sie nur auf sich nahm, wenn es nicht anders ging.

Lindas neue Adresse war ein braunes Backsteingebäude nahe der Kirche mitten in Bunker Hill. Es dauerte lange, bis sie auf ihr Klingeln reagierte.

»Hast du geschlafen?«, fragte Jen, auf ihrem Seesack sitzend.

Linda schüttelte lachend den Kopf. »Wir haben geschlafen – miteinander.«

»Mike?«

»Wie kommst du darauf?«

»Ihr habt doch in der Fabrik ...«

»Das ist lange her. War nur Sex. Komm herein.«

»Ach so.«

Sie verstand den Unterschied zwischen Sex und miteinander schlafen nicht, fühlte sich aber zu müde, das unwichtige Thema zu vertiefen. Die Wohnung war noch nicht fertig. Jedenfalls sah sie so aus, denn Möbel fehlten weitgehend und es roch nach frischer Farbe. Eine Plastikplane bedeckte den Fußboden im Wohnzimmer. Eine Bockleiter stand vor der neu gestrichenen, olivgrünen Wand. Malerwerkzeug lag griffbereit daneben.

»Wird toll, nicht wahr?«, freute sich Linda. »Romeo macht das perfekt.«

Romeo, feuriger Lover und begnadeter Heimwerker. Der Name kam ihr bekannt vor. Was war mit ihrer Freundin geschehen? Wie konnte sie ein so stinknormales Leben führen und auch noch glücklich sein, dass es schmerzte? Hatte der perfekte Romeo sie verdorben?

»Kommst du, Darling?«, rief der Unbekannte.

Jen rollte die Augen im Geiste, zu müde für etwas anderes.

»Ich will nicht stören«, murmelte sie. »Gibt es ein billiges Hotel in der Nähe?«

Linda lachte. »Kommt nicht infrage. Du wohnst bei uns, solang du willst. Es gibt genug Platz, und der Computerraum ist voll ausgebaut.«

Sie half ihr, den Sack ins Zimmer zu tragen, das immerhin mit einem Feldbett ausgestattet war. Erleichtert stellte Jen fest, dass die Wände noch jungfräulich weiß geblieben waren.

»Du wirst dich doch nicht von Romeo vertreiben lassen«, bemerkte Linda etwas besorgt. »Er beißt nicht, du wirst schon sehen. Lass uns morgen über alles reden.«

Die Wohnung besaß dünne Wände, wie sie wenig später auf dem Weg in die Dusche feststellte. Sie schloss sich im Bad ein und drehte das Wasser auf, um die Fortsetzung des Coitus interruptus nicht weiter mithören zu müssen. Die belebende Wärme rauschte lange über ihren Körper, bis sie wagte, den Hahn zuzudrehen. Linda und ihr Romeo hatten ihr Geschäft erledigt. Sie schob den Duschvorhang zurück und ihr Atem stockte. Noch vor dem nächsten Herzschlag war der Vorhang wieder geschlossen. Sie hatte nur die Hinterseite des nackten Mannes gesehen, der seelenruhig in den Spiegel grinste.

»Keine Angst, bin gleich wieder weg«, sagte eine angenehm warme Stimme mit Lindas Akzent. »Willkommen in der Zukunft. Ich bin Ron Meo, aber das weißt du sicher schon. Fühl dich wie zu Hause.«

Sie wagte sich nicht zu rühren hinter dem Vorhang. Die Badezimmertür war längst wieder ins Schloss gefallen, als sie ihn vorsichtig zurückschob.



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